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Wichtige Infos

Wenn sich ein Angehöriger das Leben nimmt, zieht dies in der Gesellschaft hinter hervorgehaltener Hand oft seine Kreise, denn leider ist es ein Tabu-Thema, mit dem viele Menschen nicht umgehen können.

Von Menschen, mit denen man einst gut befreundet war, sich gut verstand,gehen die Blicke plötzlich in die andere Richtung, es wird nicht mehr gegrüßt, Verabredungen werden abgesagt. Die Gesellschaft ist mit den betroffenen Hinterbliebenen häufig überfordert.

 

Für uns Angehörige bedeutet dies oft Isolation und Stigmatisierung, die natürlich noch zur Traurigkeit hinzukommt.

Darum fordere ich Euch hiermit auf: Dreht Euch nicht weg, redet mit uns, habt keine Angst, vor dem, was ihr falsch sagen könntet. Wir wollen nicht Euer Mitleid, wir wollen Eure Freundschaft und ein bischen Geduld mit uns...mehr ist es nicht, denn reden tut uns gut und schadet uns nicht!

Bitte erschreckt auch nicht, wenn wir zu weinen beginnen, denn wir haben einen geliebten Menschen verloren, aber seid sicher, es ist nicht immer so und wird besser werden....mit Eurem Mut zu uns, mit Eurer Freundschaft ;o)

 

Eines übrigens stößt uns natürlich immer bitter auf, wenn wir das Wort "Selbstmord" hören. Deshalb habe ich für Euch einen kleinen,aber feinen Auschnitt von der AGUS-Startseite kopiert, die Euch ein wenig Aufklärung bietet...

 

Ein Hinweis zu unserer Wortwahl:

 

Sie werden beim Lesen bemerken, dass wir durchgängig die Begriffe Suizid (aus dem Lateinischen) und Selbsttötung verwenden, beide sind wertneutral und beschreibend.

 

Im Alltag wird oft von Selbst„mord“ gesprochen. Mord ist der schwerste Straftatbestand in unserem Strafgesetzbuch und bezeichnet die Tötung eines anderen Menschen aus niedrigen Beweggründen wie Habgier, Neid, Eifersucht, Mordlust usw. – diese Bezeichnung hat nicht im Entferntesten etwas zu tun mit der Situation eines verzweifelten Menschen, der sich das Leben nimmt. Und Suizidtrauernde sind nicht Hinterbliebene eines „Mörders“.

Die Bezeichnung „Freitod“ beinhaltet den Hinweis auf eine freie Willensentscheidung zum Tod, meist in Verbindung mit edlen Motiven. Auch dies beschreibt unseres Erachtens nicht die Situation von Menschen, deren Entscheidung von Ausweglosigkeit geprägt ist.

 

Liebe Grüße

Die Mutter dieses wunderbaren Kindes

 

 

Mitmenschen, nehmt uns Trauernde an...

Geht behutsam mit uns um, denn wir sind schutzlos. Die Wunde in uns ist noch offen und weiteren Verletzungen preisgegeben.
Wir haben so wenig Kraft, um Widerstand zu leisten.

Gestattet uns unseren Weg, der lang sein kann. Drängt uns nicht, so zu sein wie früher, wir können es nicht.
Denkt daran, daß wir in Wandlung begriffen sind.
Laßt euch sagen, daß wir uns selbst fremd sind.
Habt Geduld.

Wir wissen, daß wir Bitteres in eure Zufriedenheit streuen, daß euer Lachen ersterben kann, wenn ihr unser Erschrecken seht, daß wir euch mit Leid konfrontieren, das ihr vermeiden möchtet

Wenn wir eure Kinder sehen, leiden wir.
Wir müssen die Frage nach dem Sinn unseres Lebens stellen.
Wir haben die Sicherheit verloren, in der ihr noch lebt.

Ihr haltet uns entgegen: auch wir haben Kummer!
Doch wenn wir euch fragen, ob ihr unser Schicksal tragen möchtet, erschreckt ihr.
Aber verzeiht: unser Leid ist so übermächtig, daß wir oft vergessen, daß es viele Arten von Schmerz gibt.

Ihr wißt vielleicht nicht, wie schwer wir unsere Gedanken sammeln können.
Unsere Kinder begleiten uns. Vieles, was wir hören, müssen wir auf sie beziehen.
Wir hören euch zu, aber unsere Gedanken schweifen ab.

Nehmt uns an, wenn wir von unseren Kindern und unserer Trauer zu sprechen beginnen.
Wir tun das, was in uns drängt.
Wenn wir eure Abwehr sehen, fühlen wir uns unverstanden und einsam.

Laßt unsere Kinder bedeutend werden vor euch.

Teilt mit uns den Glauben an sie.
Noch mehr als früher sind sie eine Teil von uns.
Wenn ihr unsere Kinder verletzt, verletzt ihr uns.
Mag sein, daß wir sie vollendeter machen, als sie es waren, aber Fehler zuzugestehen fällt uns noch schwer. Zerstört nicht unser Bild.
Glaubt uns, wir brauchen es so.

Versucht, euch in uns einzufühlen.
Glaubt daran, daß unsere Belastbarkeit wächst.
Glaubt daran, daß wir eines Tages mit neuem Selbstverständnis leben werden.
Euer “Zu-trauen” stärkt uns auf diesem Weg.

Wenn wir es geschafft haben, unser Schicksal anzunehmen, werden wir euch freier begegnen.
Jetzt aber zwingt uns nicht mit Worten und Blick, unser Unglück zu leugnen.
Wir brauchen eure Annahme.
Vergeßt nicht: wir müssen so vieles von neuem lernen.
Unsere Trauer hat unser Sehen und Fühlen verändert.

Bleibt an unserer Seite.
Lernt von uns für euer eigenes Leben.


Erika Bodner

Wer sagt, die Zeit heilt Wunden...


Wer sagt die Zeit heilt Wunden,
der hat es nicht gesehn,der hats noch nicht empfunden,wenn geliebte von uns gehen.

Wer sagt es geht doch weiter,das Leben und die Welt,der kennt nicht diese Schwere,die mich so oft befällt.

Wer sagt, ich kanns verstehen,er fehlt dir halt so sehr und kennt die Schmerzen selbst nicht,sagt besser gar nichts mehr.

Wie will er denn verstehen,steckt nicht in meiner Haut,kennt nicht den Strick um meinen Hals,der mir den Atem raubt.

Ich weiß, sie wollen helfen,mit Worten gut gemeint,doch ist das keine Hilfe,wenn man nicht mit mir weint.

Und andre schweigen einfach,weil sie so hilflos sind.Sie wollen mich nicht verletzen,doch töten so mein Kind.

Ich will nicht euer Beileid,das so kein Trost mir ist.

Was ich brauch ist ein Herz,das nie mein Kind vergisst.

Ja, Trost das wär so einfach,die Nähe, die entsteht,bei dem Versuch zu trösten,wenn man den Weg gemeinsam geht.

 

Ich finde das sagt so viel.Sabine mit Pascal im Herzen

Die schwarzen und die weißen Tage

Die schwarzen Tage

Ich erwache des Morgens, Leib und Seele wie Brei,

als ob ein Amboss mich niederdrückt in die Kissen.

Und dann springt es mich an dieses bittere Wissen

Du bist nicht mehr da! Dein Leben ist vorbei!

 

Ich krieche in den Tag, schleppe mit mir die Pein.

Ich mache und tue, geb' mich gar interessiert,

sodass niemand bemerkt, dass mich nichts mehr berührt,

ausser einem Gedanken: Du wolltest nicht sein.

 

In mein Bett geh ich erst wenn die Müdigkeit mich zwingt,

und der Schlaf mich wie eine Ohnmacht überfällt.

Zu müde für jeden Gedanken der nur quält

weil du fort bist und nichts dich mir wiederbringt.

 

 

Die weißen Tage

Ich erwache des Morgens und weiß du bist hier

und ein Lächeln strömt aus meinem Herzen.

Ich fühle du bist gar nicht fern von mir,

fühle Liebe statt unbesiegbarer Schmerzen.

 

Ich beginne den Tag, weiß er wird mich was lehren

und frag' mich ob auch du heut' Erfahrungen machst.

Brauch' mich nun nicht gegen Erinnerungen wehren

denn ich stell' dich mir vor, wie du Spaß hast und lachst.

 

Ich kuschel' des Nachts wohlig in meinen Decken,

wünsch' auch dir, halb im Traum schon, geruhsame Nacht.

Weiß am Morgen wird deine Liebe mich wecken

wenn das Dies- und das Jenseits wieder erwacht.

 

Conny Weyland

Du hast ein Recht auf Deine Trauer

Du hast ein Recht auf deine Trauer

Du darfst dich deinen Verlusten widmen,
musst nicht verdrängen, was dich beschwert.

 

Du hast ein Recht, das abzutrauern,
was dich so tief enttäuscht hat
und was du nicht ändern kannst.

 

Du hast ein Recht auf deine Tränen,
auf dein Schweigen,
auf deine Ratlosigkeit,
auf deine innere und äußere Abwesenheit,
Du musst nicht den Glücklichen spielen,
nicht über den Dingen stehen.

 

Du hast ein Recht, die wegzuschicken,
die dich mit Gewalt aus deiner Trauer
herausholen wollen, weil deine Trauer
sie selbst bedroht.

 

Du hast ein Recht auf deine Trauerzeit.

Du hast ein Recht,
mit denen nicht reden zu wollen,
die dir ein schlechtes Gewissen machen
für deine Dunkelheit und Trauer.
Die mit Sprüchen kommen
und dich mit diesen Sprüchen
unter Druck zu setzen versuchen.

 

Du hast ein Recht auf deine Trauerstille.

Du hast ein Recht, dich zu wehren
gegen die, die dir sagen
was du fühlen darfst und was nicht,
die dich nicht als einzelnen,
sondern als Fall behandeln
und sich innerlich nicht wirklich
mit dir einlassen.

 

Vielleicht macht dich nichts so menschlich
wie deine Trauer.
Über sie kann ein Trauernder sich dir nähern
und auf Verständnis hoffen.
Trauern zu können ist eine Gabe.
Lass dir das Recht auf deine Trauer nicht nehmen

 

(Verfasser unbekannt )

Dankbar

Dankbar sind wir für alle,
die uns jetzt nicht ausweichen.

 

Dankbar sind wir für die,
die uns immer noch besuchen,
obwohl sie Angst haben,
etwas Falsches zu sagen.

 

Dankbar sind wir allen,
die uns erlauben,
von Dennis zu sprechen.

Wir möchten unsere Erinnerung
nicht totschweigen.

 

Dankbar sind wir denjenigen,
die uns zuhören,auch wenn das,
was wir zu sagen haben,
sehr schwer zu ertragen ist.

 

Dankbar sind wir allen,
die uns nicht ändern wollen
sondern geduldig annehmen
wie wir jetzt sind.

 

Dankbar sind wir allen, die uns trösten, und uns zusichern,
dass wir nicht alleine sind.

Das Märchen von der traurigen Traurigkeit

Inge Wuthe in: Alle Farben dieser Welt

Es war einmal eine kleine Frau, die den staubigen Feldweg entlang kam. Sie war wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bei der zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte nicht viel erkennen. Das Wesen, das da im Staub des Weges saß, schien fast körperlos. Es erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen.

Die kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: "Wer bist du?" Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die Traurigkeit", flüsterte die Stimme stockend und so leise, dass sie kaum zu hören war. "Ach, die Traurigkeit!" rief die kleine Frau erfreut aus, als würde sie eine alte Bekannte begrüßen.

"Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit misstrauisch. "Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast du mich ein Stück des Weges begleitet."

"Ja, aber...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast du denn keine Angst?"

"Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine Liebe? Du weißt doch selbst nur zu gut, dass du jeden Flüchtigen einholst. Aber, was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?"

"Ich ... ich bin traurig", antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme. Die kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist du also", sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. "Erzähl mir doch, was dich so bedrückt." Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören wollen? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht.

"Ach, weißt du", begann sie zögernd und äußerst verwundert, "es ist so, dass mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest. Die Traurigkeit schluckte schwer. "Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Sie sagen: Papperlapapp, das Leben geht weiter. Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: Man muß sich nur zusammenreißen. Und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen: nur Schwächlinge weinen. Und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen."

"Oh ja", bestätigte die alte Frau, "solche Menschen sind mir schon oft begegnet." Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. "Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen, ein Nest bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut. Manches Leid bricht wieder auf wie eine schlecht verheilte Wunde, und das tut sehr weh... Aber nur, wer die Trauer zuläßt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich ihnen dabei helfe. Statt dessen schminken sie sich ein grelles Lachen über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu."

Die Traurigkeit schwieg. Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz verzweifelt. Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in ihre Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel.

"Weine nur, Traurigkeit", flüsterte sie liebevoll, "ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr an Macht gewinnt."

Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: "Aber...aber - wer bist eigentlich du?"

"Ich?" sagte die kleine Frau schmunzelnd, und dann lächelte sie wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen. "Ich bin die Hoffnung!"

Da ist ein Land der Lebenden

und ein Land der Toten,

und die Brücke zwischen ihnen

ist die Liebe -

das einzig Bleibende,

der einzige Sinn.

Thornton Wilder